Untersuchungen zum Bearbeiten und Fügen von Hochleistungskunststoffen
1. Einleitung
Da die Be- und Verarbeitung, insbesondere das Schweißen von sogenannten Hochleistungskunststoffen, nicht unproblematisch ist, müssen die Anwender in die Lage versetzt werden, diese Werkstoffe fachgerecht zu handhaben. Dies erfolgt in der Regel durch Qualifizierung und Beratung. Um hierfür die notwendigen Grundlagen zu schaffen, wurden innerhalb eines Forschungsprojektes optimale Verfahren, Werkzeuge und Parameter für den Praxiseinsatz im Betrieb ermittelt. Untersucht wurden nichtfluorierte (PE 500, PPS, PVC-C) und fluorierte Kunststoffe (ECTFE, PTFE, PFA, FEP, MFA).
2. Prüfverfahren
Um Eigenschaften der Werkstoffe und Bearbeitungsergebnisse erfassen und bewerten zu können, musste zunächst die Eignung von bekannten zerstörenden Materialprüfmethoden (z. B. Zug-, Biege- oder Scherversuch) und zerstörungsfreien Materialprüfverfahren (z. B. Ultraschallprüfung) bzw. für diese Arbeit neu entwickelten oder modifizierten Materialprüfmethoden (z. B. Thermografie) jeweils für die behandelten Werkstoffe überprüft werden. Soweit möglich wurden die Prüfungen in Anlehnung an die einschlägigen DVS-Richtlinien durchgeführt. Der technologische Biegeversuch muss jedoch bei den hochfluorierten Kunststoffen (PTFE, PFA, FEP, MFA) aufgrund der Biegeschlaffheit ausgeklammert werden.
Die zerstörungsfreie Nahtprüfung durch Ultraschall bestätigte prinzipiell die Tauglichkeit des Verfahrens, lieferte jedoch in praxisnahen Untersuchungen aufgrund geometrischer Bedingungen (z. B. Schweißwulst, zu geringe Rohrwanddicke, Krümmungsradius) und der zur Verfügung stehenden Geräte- und Handhabungstechnik noch unbefriedigende Ergebnisse.
Gute Ergebnisse konnten bei der Nahtprüfung mit dem Thermografieverfahren erzielt werden. Hier konnten in diverse Schweißnähte eingearbeitete Nahtfehler detektiert werden. Mit der Verwendung von Makroobjektiven ist sogar eine detaillierte Betrachtung der Schweißnahtfehler möglich.
Bei den zerstörenden Prüfverfahren zeigte sich der Mikrotomschnitt als eine sehr gute Ergänzung bzw. Alternative zu den gängigen Materialprüfverfahren, die wie zuvor erwähnt für biegeschlaffe Kunststoffe zum Teil ungeeignet sind. Durch die Beurteilung der Mikrotomschnitte unter dem Mikroskop kann der Prüfer eine detaillierte Aussage über die Qualität der Schweißnaht erhalten. Bindefehler, Einschlüsse, Gasblasen, Denaturierungen und mangelnde Aufschmelzung werden deutlich sichtbar.
3. Ermittlung von Bearbeitungsparametern
Mit den Schweißverfahren Warmgasziehschweißen, Warmgasextruderschweißen, Heizelementstumpfschweißen (berührend und berührungslos) wurden in Anlehnung an die DVS-Richtlinien (z. B. 2207-3 Beiblatt1) und Angaben der Maschinenhersteller für alle untersuchten Kunststoffe Versuchsreihen zur Ermittlung der optimalen Schweißparameter (Vorschub, Warmlufttemperatur, Schweißkraft, Prozesszeiten etc.) durchgeführt. Bewertungskriterien waren die optische Beschaffenheit des Werkstoffes und der Naht und natürlich die Werkstoffkennwerte einschl. Festigkeit.
Durch die enge Zusammenarbeit mit Maschinenherstellern konnten notwendige Neuentwicklungen und Modifikationen realisiert und in den Optimierungsprozess integriert werden. So stellte sich beispielsweise ein neu entwickelter Handschweißextruder in Verbindung mit einem beheizten, keramikbeschichteten Schweißschuh als hervorragender „Alleskönner“ heraus, mit dem gleichermaßen alle oben genannten Kunststoffe verschweißt werden konnten.
Das Laserstrahlschweißen der untersuchten Kunststoffe (mit Ausnahmen wie PE) ist mit den üblicherweise zum Schweißen konventioneller Kunststoffe eingesetzten Laserstrahlquellen z.B. (Diodenlaser 800 – 1000 nm, Nd:YAG – Laser: 1064 nm) ohne eine Zugabe von Farbstoffen und Pigmenten nicht möglich. Spektroskopische Transmissionsmessungen ergaben, dass der Einsatz von Lasern mit anderen Wellenlängen über 2000 nm Abhilfe schaffen kann.
Neben dem Schweißen wurde auch der mögliche Einsatz von Kleben als Fügeverfahren betrachtet: Besonders problematisch, insbesondere bei den hier betrachteten Kunststoffen wegen der schlechten Benetzbarkeit aufgrund der extrem niederenergetischen Oberflächen. Hier konnte bei ersten Untersuchungen für den hochfluorierten Kunststoff FEP eine Coronabehandlung zur Erhöhung der Oberflächenenergie etabliert werden, so dass er mit einem speziellen Zweikomponentenwerkstoff mit ausreichender Festigkeit verklebt werden konnte.
Über das Fügen hinaus wurden innerhalb des Projektes auch für andere Bearbeitungsverfahren wie Tiefziehen, Bohren, Fräsen, Drehen oder Wasserstrahlschneiden optimale Bearbeitungsparameter ermittelt.
4. Hilfsmittel für Transfer und Schulung
Die Video-DVD „Kunststoffschweißtechnik in der Praxis“ verschafft einen umfassenden Überblick über die Kunststoffschweißverfahren und dient zur vertiefenden Information über die schweißtechnische Verarbeitung von Kunststoffen sowie zur Beratung und Schulung von Schweißpersonal.
Sie wurde vom Verein tibb e. V. produziert und enthält über 30 Filme zu den konventionellen und auch zu neuen Kunststoffschweißverfahren. Die Filme wurden mit Hilfe digitaler Produktionstechnik erstellt und vermitteln durch die Kombination von Realaufnahmen aus der Arbeitspraxis, 3-D-Animationen und erklärendem Text präzise, klar verständlich und praxisnah die fachgerechte Ausführung, die ablaufenden Prozesse und die zu beachtenden Besonderheiten der Schweißverfahren. In der beiliegenden Dokumentation sind die Eigenschaften, Anwendungsbereiche und Parameter der filmisch vorgestellten Verfahren nachzulesen.
DVD „Kunststoffschweißtechnik in der Praxis“
Als Ergänzung zur DVD für den Einsatz im Unterricht und in der Beratung wurde der Medienkoffer „Kunststoffschweißtechnik“ entwickelt. Er enthält zu allen auf der DVD gezeigten Filmen ein reales Beispiel der jeweiligen Schweißverbindung und stellt damit systematisch das zum didaktisch sinnvollen Medienwechsel passende Anschauungsmaterial zur Verfügung.
Medienkoffer zur Kunststoffschweißtechnik
Zur Lasermaterialbearbeitung und zum Wasserstrahlschneiden hat der Verein ebenfalls Medien (CD-ROMs und passende Demokoffer) im Programm.
Produkte zur Berufsbildung und Information